Schlagwort-Archive: Neugründung

Zivile Seenotrettung als zivilgesellschaftliches Protestverhalten gegen die „Festung Europa“

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Unser Seminar an der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 2018 trägt den Titel „lokales Engagement in der Geflüchtetenhilfe in europäischen Zusammenhängen“. Zu Beginn beschäftigten wir uns mit verschiedenen Engagementformen der Flüchtlingshilfe in der Ruhr-Region und betrachteten anschließend andere europäische Länder. Nach der theoretischen Betrachtung des Geflüchtetenengagements stellte sich für uns die Frage: Welches Thema wollen wir überhaupt behandeln und was wird unsere Fallstudie? Schnell wurden wir uns einig. Es sollte das Thema „Flucht und Migration im europäischen Kontext“ werden. Jetzt musste nur noch der Untersuchungsgegenstand gefunden werden. Aus persönlichem Interesse und wegen des lokalen Bezugs kamen wir auf RESQSHIP, einen gemeinnützigen Verein, der im Juni 2017 gegründet wurde. Der bundesweite Verein für zivile Seenotrettung hat mehrere Regionalgruppen und eben auch eine in Bochum. Auf ihrer Homepage schreibt RESQSHIP:

„Zum Selbstverständnis unserer Crew gehört, dass die derzeitige Situation an den Außengrenzen Europas nicht akzeptierbar ist: Sie widerspricht dem Gedanken einer freien, offenen und toleranten Weltgemeinschaft, in der Menschenleben als wertvoll und schützenswert betrachtet wird.“ (RESQSHIP, 2018)

Zivile Seenotrettung als solches steht aus deutscher Sicht schon in einem europäischen Kontext, da Deutschland an keine Gewässer grenzt, in welchen zivile Seenotrettung zu finden wäre. Wie kommt also ein deutscher Verein dazu, sich für zivile Seenotrettung zu engagieren? Weiterlesen

The Edible City of Andernach: Addressing the Problems of Industrial Agriculture in a Post-Political Society

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The extent to which modern agriculture shapes every aspect of our society often goes unrecognized. Our agricultural methods lie at the heart of how society organizes itself and as a result are entwined with some of the biggest problems facing society, most notably the existential threat of climate change. This paper will proceed in three parts. The first outlines the problems of industrial agriculture and hopefully motivates the need for social movements to address this problem. The second short part suggests the value of urban agriculture in addressing these problems. The third and primary part considers our research of the edible city of Andernach in relation to the theoretical notion of the post-politicisation of society. The primary concern is over the effectiveness of non-agonistic, institutionally led, top down urban agriculture such as the city of Andernach, and what role they can play in addressing the problems of industrial agriculture. Weiterlesen

Die wahrscheinlich größten Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, sind umweltpolitischer Natur. Die Zerstörung der Planetenoberfläche hat zum Teil Ausmaße angenommen, die es vielen Menschen schwer machen, blind dem Status quo zu applaudieren. Luft- und Wasserverschmutzung, der menschliche Beitrag zum Klimawandel durch Treibhausgasemissionen, Entwaldung, industrielle Landwirtschaft und ein steigender Energiehunger der wachsenden Weltgesellschaft bzw. der sie versorgenden fragilen Infrastruktur, all dies sind Aspekte, die viele Menschen nicht mehr ignorieren wollen oder können. Besonders kulminieren diese Effekte natürlich in Städten, welche  naturgemäß durch ihre Populations- eine vergleichsweise hohe Konsumptions- und Emissionsdichte aufweisen. Wenn man bedenkt, dass bis 2050 66% der Weltbevölkerung in Städten leben werden,[i] ergibt es augenscheinlich Sinn, hier einzugreifen und Strukturen zu verändern. Dies sollte idealerweise an mehreren Fronten geschehen: durch klassischen politischen Aktivismus sowie auch lifestyle politics oder prefigurative politics. Dieses Essay widmet sich dem letzten Punkt, um die Kriterien von prefigurative politics auf ein alternatives Stadtprojekt in Deutschland anzuwenden: die Essbare Stadt Andernach. Im Vorfeld ist bereits ein wissenschaftliches Video dazu entstanden, welches den Forschungsprozess und den Besuch der Stadt auf der Suche nach Antworten widerspiegelt. Weiterlesen

Flicken fürs Sozialnetz

– Ehrenamtliche medizinische Versorgung – 

Nicht erst seit 2015 und der wachsenden Anzahl potentieller Neubürger[i] besteht in Deutschland ein Engpass bei der medizinischen Versorgung von Menschen ohne sicheres Bleiberecht, aus welchem sich kritische Krankheitsbilder und dramatische Schicksale für Menschen auf der Flucht ergeben können. Der deutsche Staat sieht davon ab, international anerkannte Menschenrechte umzusetzen und eine menschenwürdige und diskriminierungsfreie gesundheitliche Versorgung für alle Menschen in der Bundesrepublik zu gewährleisten. So genießen Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus[ii] und Menschen auf der Flucht faktisch keinen Krankenversicherungsschutz und haben somit keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Zugang zur gesundheitlichen Versorgung (vgl.: BAG Gesundheit 2007: 24; Hollstein 2017: 276; Schmitt 2007: 11ff.). Zwar haben Menschen auf der Flucht oder ohne aufenthaltsrechtlichen Status nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) formal gesehen einen Rechtsanspruch auf eine medizinische Grundversorgung, jedoch verhindern strukturelle Defizite die hinreichende Realisierung der Ansprüche. Frauen, Männer und Kinder vermeiden aus Angst vor einer Statusaufdeckung im Zuge der behördlichen Übermittlungspflichten, und der damit einhergehenden drohenden Abschiebehaft, den Kontakt zu medizinischen Einrichtungen. Weiterlesen

Über die Arbeit von ehrenamtlichen Vormündern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

„Mehr Seele in den Laden bringen“

Die ehrenamtliche Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stellt eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements dar. In vielen anderen Bereichen können ehrenamtliche Tätigkeiten, ohne dies in irgendeiner Weise dadurch abwerten zu wollen, als eine Art Kompensation für nicht ausreichende hauptamtliche Strukturen oder Ressourcen an-gesehen werden. Die (ehrenamtliche) Einzelvormundschaft hingegen wird im Gesetzestext explizit gegenüber einer Amtsvormundschaft präferiert und bei näherer Betrachtung der Thematik ergeben sich hierfür auch plausible Gründe. In der Praxis führt dieser Umstand dazu, dass für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ein ehrenamtlicher Vormund mit zum Teil erheblichen Vorteilen verbunden sein kann und er somit eine wichtige Funktion übernimmt. Darüber hinaus geht mit einer Vormundschaft ein größerer Grad der Verbindlichkeit und Verantwortung für die Ehrenamtlichen selbst einher. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Form des Engagements erscheint daher sinnvoll.

Ziel dieses Beitrages ist es, den Lesern einen Überblick über die ehrenamtliche Vormundschaft zu geben und dabei typische Tätigkeiten, Erfahrungen oder Probleme der Engagierten herauszuarbeiten. Zudem soll die Frage geklärt werden, worin genau die viel zitierten Vorteile für die Minderjährigen liegen, ohne dabei mögliche Probleme außer Acht zu lassen. Weiterlesen